»Neue Nazis« als Bürger und als Autonome

Toralf Staudt (Autor/Journalist, Berkub) ​| Mo | 12.11.2012, 20 Uhr | 14. Stock Conti-Hochhaus

Die NSU-Mordserie mit ihren 10 Todesopfern hat für Entsetzen gesorgt – zumindest zeitweise. Im Gefolge der wieder abflauenden medialen Erregung wurden dann wieder die alten Bilder gezeigt: übergewichtige Männer in Bom-berjacke und Springerstiefeln, in Kolonne marschierend. Und es stimmt ja auch: Die Mitglieder der sogenannten Zwickauer Terrorzelle stammten aus dieser Zeit, aus den 90ern. Damals konnte man den Neo-Nazi alten Zuschnitts noch bestens identifizieren. Heute sehen Rechtsextreme anders aus: In der ostdeutschen Provinz tauchen sie als biedere Nachbarschaftshelfer auf, in westdeutschen Stadtparlamenten kämpfen sie in Anzug und Krawatte gegen Kopftücher und Moscheen, und im Internet tummeln sie sich als »Autonome Nationalisten«, im Chic des Schwarzen Blocks und als Graffiti-Jungs mit Kapuzenpulli und Basecap. So sind aus Neonazis Neue Nazis geworden, wie sie Toralf Staudt in seinem Buch beschreibt. Staudt befasst sich seit Jahren mit dem Thema Rechtsextremismus und hat dabei mehr Material über dessen Strukturen, Historie und Lebenswelten zusammengetragen, als alle bundesdeutschen Geheimdienste jemals werden schreddern können. Nicht zu fassen, findet Jens Meyer-Kovac.

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