Warum Erwachsene wohl ihre Jugend verklären? Und Jugendliche erwarten, mit achtzehn ginge irgendwas los? Zweifelhaft, wenn man genau hinschaut. Das tut Gwendoline Riley, poetisches Nachwuchstalent aus Großbritannien. Ihre ersten beiden Romane handeln von Frauen um die zwanzig, und dass es hier nicht vorrangig um Spaß geht, deuten schon die Titel Cold Water und Sick Notes an. Letzterer heißt auf deutsch Krankmeldungen: Esther kommt von einem New-York-Trip nach Manchester zurück und kriegt nichts mehr auf die Reihe. Ihr wird schlagartig bewusst, dass ihr Leben von lauter Hypotheken belastet ist. Das desolate Zuhause, in dem sie sich zur grimmigen Zicke gemausert hat, dafür konnte sie ja nichts. Dass dann aber die erste eigene Beziehung auch gleich so in die Hose geht? Liebe, Selbstvertrauen, Zuversicht – Fehlanzeige. Was noch am besten geht, ist cool sein, sich lakonisch in Krassheit überbieten und sich nüchtern trinken. Literarisch ergibt das natürlich keinen Entwicklungsroman, aber die Wahrheit. Und die ist ja mal ein Anfang. Die deutschen Passagen liest die Schauspielerin Nora Decker.
Atlas der Literaturen


